Die Frage, ob man von Klavier einfach auf Keyboard wechseln kann und umgekehrt, wird mir immer wieder gestellt. In diesem Artikel versuche ich kurz darzulegen, was die Unterschiede zwischen beiden Instrumente sind und was du beim Spielen eines Klaviers zudem beachten solltest.
Ja, die Fähigkeiten beim Erlernen eines Keyboards lassen sich auf das Klavier übertragen. Die Funktionsweise beider Instrumente ist ähnlich, denn die Anordnung der Tasten sowie deren Tonhöhen sind gleich. Dennoch gibt es zwischen beiden Instrumenten wichtige Unterschiede.
Was ein Keyboard ausmacht
Ein Keyboard ist ein elektronisches Tasteninstrument ohne gewichtete Tasten (wobei es da speziell in der höheren Preisklasse auch Ausnahmen gibt). Keyboards besitzen gegenüber Klavieren den Vorteil, dass der Klavierstimmer nie vorbei kommen muss, denn der Klang wird elektronisch erzeugt. Akustische Klaviere sollten zweimal pro Jahr gestimmt werden, wodurch jährlich Wartungskosten von ca. 100 Euro anfallen. Außerdem kann man auf einem Keyboard zwischen mehreren Sounds wechseln, was das Instrument in diesem Sinne vielseitiger macht. Darüber hinaus lässt sich auf einem Keyboard mit Backtracks im Hintergrund spielen.
Eine Eigenschaft des Keyboards im Vergleich zum Klavier ist außerdem die große Transparenz. Falsche Noten bemerkt man auf einem Keyboard viel leichter als auf einem Klavier. Das kann dabei helfen präziser zu spielen.
Der Klang eines Keyboards
Ein wichtiger Punkt fehlt noch. Je nach Modell variiert bei verschiedenen Keyboard-Modellen auch die Qualität des Boxensystems. Dies ist essentiell für das finale Hörerlebnis. Zudem wird es echte Klaviermusikliebhaber niemals richtig begeistern können, da das Fehlen gewichteter Tasten die Ausdrucksmöglichkeiten für den Spieler massiv einschränkt. Dazu aber später mehr.
Und Keyboards mit gewichteten Tasten?
Ich habe es oben kurz angeschnitten. Ja, es gibt auch Keyboards mit gewichteten Tasten. Dies kann Verwirrung stiften. Streng genommen lautet die korrekte Bezeichnung für diese Instrumente nämlich „Digital Pianos“ oder zumindest „Stagepiano“. Wenn wir schon mal dabei sind: Der Begriff MIDI Keyboard bezieht sich auf alle elektronische Midi-Tasteninstrumente, also sowohl Keyboards mit gewichteten Tasten als auch Keyboards ohne gewichtete Tasten. Wenn dich das Thema interessiert, findest du hier meinen Artikel über die Unterschiede zwischen Digital Pianos, Keyboards und Synthesizern.
Was ein Klavier besonders macht
Ein Klavier ist ein akustisches Instrument mit gewichteten Tasten. Klaviere müssen, wie oben bereits erwähnt, regelmäßig gestimmt werden, wodurch Kosten anfallen. Das hat mit der Klangerzeugung zu tun. Töne entstehen dadurch, dass Saiten mit kleinen Hämmerchen angeschlagen werden, die wiederum auf das Niederdrücken der Tasten reagieren. Diese Mechanik reagiert auf die kleinsten Nuancen des Anschlags des Spielers, wodurch sich mit genügend Übung ein weicher oder auch harter Klang erreichen lässt.
Von Keyboard zu Klavier
Jetzt zurück zur Antwort von oben. Die Funktionsweise beider Instrumente ist ähnlich und die Anordnung der Tasten sowie deren Tonhöhen sind gleich. Allerdings benötigt das souveräne Spielen eines Keyboards weniger Übung. Dies liegt an zahlreichen Hilfestellungen, die ein Keyboard anbietet. Eine tolle Begleitrhythmik sowie Schlagzeug und Bass lassen sich durch ein paar Klicks einfach erzeugen. Jetzt muss man nur noch eine kleinere Melodie spielen und es hört sich sofort gut an!
Beim Klavier existieren diese elektronischen Hilfsmittel nicht. Man ist für das Ergebnis voll und ganz selber verantwortlich. Das benötigt mehr Übung, andererseits kann man mehr individuelle Nuancen setzen, da man nicht auf vorprogrammierte Samples zurückgreift.
Unterschiede von Keyboardunterricht und Klavierunterricht
Der Begriff Keyboardunterricht bezieht sich oftmals auf Lerneinheiten, in denen dem Schüler beigebracht wird die rechte Hand mit den Melodienoten zu lesen, während die linke Hand Akkorde dazu ergänzt.
Im Gegensatz dazu wird in Klavierstunden zusätzlich die Fähigkeit vermittelt, Noten in beiden Händen zusammen zu spielen, wodurch sich viel mehr Musikstücke spielen lassen.
Das heißt der Wechsel von Keyboard zu Klavier bringt neue Herausforderungen mit sich. Einerseits ist da der filigranere Klavierklang (Stichpunkt: Gewichtete Tasten), der durch verschiedene Arten des Anschlags deutlich individueller und vielfältiger wird als beim Keyboard. Andererseits fallen bei einem Klavier die zahlreichen elektronischen Extras weg und speziell die linke Hand hat beim Klavierspielen mehr zu tun.
Ein weiterer kleiner Unterschied beim Keyboard und Klavier ist das Pedal. Jedes Klavier hat ein Pedal, wobei man es für ein Keyboard in der Regel zusätzlich kaufen muss.
Was ist mit Digital Pianos?
Eine Zwischenstufe zwischen Keyboards und akustischen Klavieren stellen Digital Pianos dar, deren Klaviatur die Funktionsweise eines normalen Konzertflügels nachahmt. Digital Pianos besitzen gewichtete Tasten sowie eine Hammermechanik. Dies entspricht nicht zu 100% dem Spielerlebnis eines echten Klaviers, dafür bringen Digital Pianos je nach Modell auch noch zahlreiche zusätzliche Features mit sich. So zum Beispiel Backtracks und eine Soundauswahl. Elemente also, die ein normaler Keyboardspieler gewohnt ist! Daher bietet es sich für einen Keyboardspieler an, der auf einem Klavier den Reiz zahlreicher technischer Zusatzelemente vermisst, auf ein Digital Piano umzusteigen. Hier findest du die in meinen Augen besten 15 Digital Pianos und Keyboards für Einsteiger.
Meine Empfehlung
Zurück zur Ausgangsfrage: Ja, aus den oben genannten Gründen halte ich es für jeden Keyboard-Spieler für machbar jederzeit auf Klavier umzusteigen. Dann steht man allerdings vor neuen Herausforderungen, was den Klang und die Fähigkeiten der linken Hand betrifft. Jedoch ist die Beherrschung dieser Skills auch der nächste Schritt, um Fortschritte zu machen und sich an immer schwierigere Stücke heranzuwagen.
Daher möchte ich dir außerdem empfehlen einen Klavierlehrer aufzusuchen nicht irgendeinen kostenpflichtigen Online-Kurs zum Klavierspielen zu belegen. Es gibt nämlich sehr viele kostenpflichtige, semiprofessionelle Online-Kurse im Internet, bei denen, egal wie viel Du übst, deine Fähigkeiten sich irgendwann nicht mehr weiterentwickeln.
Das kann der Fall sein, wenn Du von Anfang an Fehler gemacht hast oder die falsche Technik verwendest. Als Anfänger da den Spreu vom Weizen zu trennen kann schwierig sein!
Ein echter Klavierlehrer, der dir über die Schulter guckt, hat den Vorteil, dass er dir zahlreiche Tricks beibringen kann, wie man aus den vielfältigen Anschlagsmöglichkeiten beim Klavier das Maximum rausholt. Er kann die Haltung deiner Hand korrigieren, wodurch dir vielleicht manche Passagen oder Fingersätze plötzlich deutlich leichter fallen. Die physische Präsenz bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Das hat aber auch seinen Preis. Klavierlehrer sind deutlich teurer als alternative Online-Kurse.
Auch Piano-Apps können zum Einstieg eine Option sein! Besonders das Notenlesen wird erleichtert, was eine grobe Orientierung auf der Klaviatur ermöglicht. Hier findest du meinen Info-Blogpost, in dem ich die beiden wohl populärsten Piano-Apps vorstelle. Zudem bringen manche E-Pianos auch noch integrierte Lernmodule mit sich!
Was ich zum Abschluss noch loswerden will: Egal ob E-Piano oder Klavier. Beide Instrumente sind einzigartig. Hauptsache das Musizieren bereitet dir Freude! Viel Spaß beim Üben!